„Das Becken des Grauens – Aquascaping für Menschen ohne Geduld (also mich)“

„Das Becken des Grauens – Aquascaping für Menschen ohne Geduld (also mich)“

Da stehe ich nun, vor dem Ergebnis meiner ambitionierten Bemühungen, aus einem schnöden Glaskasten ein Unterwasserparadies zu zaubern. Ein „Aquascape-Becken“ – so nennen es die Profis. Was in der Realität vor mir steht, sieht allerdings weniger nach einem zen-buddhistischen Wasserrefugium aus und mehr wie das Kinderzimmer eines 4-Jährigen, der einen Glitzer-Unfall hatte.

Dabei war der Plan einfach! Im Internet sieht das ja alles so locker aus: Ein bisschen Steine hier, ein paar Pflanzen dort. Zack, Wasser rein, und innerhalb von fünf Minuten strahlen dir 200.000 Likes entgegen, begleitet von Kommentaren wie: „Traumhaft!“, „Was für ein harmonisches Design!“ oder „So hätte Monet sein Aquarium gemacht!“. Ha. Ha. Ja. Monet. In meinem Fall hätte Picasso eher gepasst – zu seiner kubistischen Phase.


Fehler Nummer 1: Das Hardscape – Steiniger Start
Hardscape – das klingt, als bräuchte man dafür mindestens einen Abschluss in Architektur. Tatsächlich heißt es aber nur: Man stopft Steine und Wurzeln ins Becken und hofft, dass es am Ende nach Natur aussieht. Hoffen ist hier das entscheidende Wort. Mein erster Versuch sah eher aus wie die Kiesauffahrt von Omas Wochenendhaus. „Ich brauche Kontraste!“, dachte ich, und schleppte eine monströse Wurzel an, die mir beim Reinwuchten fast das Becken zerlegt hätte. Die Spitze der Wurzel ragte wie ein riesiger Finger aus dem Becken heraus, als würde die Natur selbst sagen: „Lass das sein, du Trottel.“

Nach vier Stunden Umgestaltung und unzähligen Selbstgesprächen, die von „Das sieht ja schon ganz gut aus“ bis „Ich schmeiße das Ding gleich aus dem Fenster!“ reichten, landeten die Steine letztendlich wieder dort, wo sie vorher waren. Schön, wenn man den Kreis der Verzweiflung einmal komplett durchläuft.


Fehler Nummer 2: Die Pflanzen – ein schwimmendes Trauerspiel
„Pflanzen geben dem Becken Leben“, hieß es in einem dieser beruhigend gesprochenen YouTube-Tutorials. Was sie nicht erwähnten: Pflanzen geben dem Becken vor allem Chaos. Die filigranen Stängelpflanzen, die ich bestellt hatte, waren so zart, dass sie schon bei meinem ersten Versuch, sie einzusetzen, in drei Teile zerbröselten. „Okay“, dachte ich, „vielleicht halten die Bodendecker besser.“ Falsch gedacht. Eine halbe Stunde später hatte ich mehr Pflanzenteile an meinen Fingern kleben als im Beckenboden.

Als ich dann das Wasser einließ (natürlich viel zu schnell, ich lerne ja nichts), trieben sämtliche Pflanzen wieder nach oben. Ich stand also da, bewaffnet mit einer Pinzette und dem Gesichtsausdruck eines Chirurgen kurz vor einer riskanten Herz-OP, und versuchte, die widerspenstigen Halme zurück in den Boden zu drücken. Mein Hund sah mich dabei an, als würde er überlegen, ob er mich retten oder einfach laufen lassen sollte.


Fehler Nummer 3: Das Wasser – die große Trübung
Apropos Wasser: Die Profis sagen, man soll das Becken langsam mit einem Schlauch befüllen, um die Struktur des Bodengrunds zu bewahren. Ich hingegen hatte einen Eimer. Und keine Geduld. Ergebnis: Eine braune Suppe, durch die man vielleicht hätte hindurchsehen können – wenn man in der Lage gewesen wäre, Moleküle mit bloßem Auge zu erkennen. Auf dem Kies landeten kleine Trümmerteile der Pflanzen, dazu schwebten Substrat-Wolken wie dunkle Gewitter über dem Grund.

Ich stand also vor dem Becken, starrte in das Chaos und dachte mir: „Vielleicht ist das ja Kunst?“ Es war keine Kunst.


Der Wendepunkt: Ein kleiner Sieg zwischen den Ruinen
Und dann, als ich schon kurz davor war, alles aufzugeben und den leeren Beckenplatz mit einem Plastik-Kaktus zu dekorieren, geschah etwas Magisches: Ich ging schlafen. Und als ich am nächsten Morgen zurückkam, hatte sich der Nebel im Becken verzogen. Das Wasser war plötzlich glasklar, und siehe da – die Pflanzen standen tatsächlich an ihrem Platz. Der Kies hatte sich irgendwie beruhigt, und das ganze Chaos wirkte… harmonisch. Nicht perfekt, aber gut genug.

In der Mitte ragte der große Stein wie eine Art Naturdenkmal empor, die Pflanzen begannen, ihr Grün zu zeigen, und die Wurzel – mein Erzfeind vom Vortag – sah plötzlich aus, als würde sie genau dorthin gehören. Ich war sprachlos. Oder einfach nur müde. Schwer zu sagen.


Das Fazit: Von Picasso zu Zen – irgendwie klappt’s
Es hat am Ende doch funktioniert. Nicht perfekt, nicht wie auf Instagram, aber es ist meins. Und wenn ich jetzt vor dem Becken sitze und zuschaue, wie sich die kleinen Strömungen durchs Wasser bewegen, dann merke ich, dass es vielleicht nicht immer darum geht, alles genauso hinzubekommen wie die Profis. Sondern darum, etwas zu schaffen, das einem selbst gefällt – auch wenn es nach einer Baustelle begann.

Hashtags für die Nachwelt:
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