Also, stellen wir uns das mal vor: Du bist auf einer Party, Small Talk läuft, und irgendwann kommt die Frage aller Fragen: „Und, was machst du so in deiner Freizeit?“ Man überlegt kurz, atmet tief durch und sagt dann ganz selbstbewusst: „Ich hab ein Aquarium.“ Zack! Augenrollen, betretenes Schweigen – als hätte man gerade gestanden, eine Sammlung von Staubkörnern zu hegen und pflegen. Da steh ich nun, stolzer Besitzer eines prächtigen Beckens, und der andere guckt mich an, als hätte ich einen Hamster, der die Bibel auswendig kann.
Das Problem ist ja: Für viele ist so ein Aquarium nur ein schicker Deko-Klotz im Wohnzimmer. Die Art Leute, die denken, ein Aquarium kauft man so wie ein neues Regal – passend zur Wandfarbe und bitte auch im skandinavischen Design, damit es „harmonisch ins Gesamtbild passt“. Im schlimmsten Fall hat man noch einen dieser Freunde, die sich so ein 300-Liter-Becken als Statussymbol ins Wohnzimmer stellen und dann beim ersten Wasserwechsel panisch die Bedienungsanleitung suchen, weil – Überraschung! – so ein Ding braucht Pflege. Schätze, denen ist nicht klar, dass es nicht reicht, ein paar Plastikpalmen und eine Burg reinzustellen und zu hoffen, dass die Fische sich wie im Club Med fühlen.
Nein, meine Freunde, für uns echte Aquarianer ist das eine Lebensaufgabe! Andere schalten abends die Glotze ein, wir leuchten unser Becken mit speziellem LED-Licht in „Amazonas-Modus“ aus und gucken unseren Barschen beim Streit um die coolste Höhle zu. Manche Menschen zahlen für Anti-Stress-Kurse oder holen sich einen Spa-Gutschein, während ich an meinen Wasserwerten bastle und mich über den wöchentlichen Nitrit-Check freue. Sieht vielleicht aus wie Wissenschaft für Fortgeschrittene, ist aber für uns das kleine Einmaleins des Glücks.
Und dann die Fische! Die meisten Leute denken ja, die schwimmen nur stumpf von links nach rechts. Aber für uns haben die Charakter – mehr als so mancher Mensch, den ich kenne. Da gibt’s den „Bad Boy“ Barsch, der jeden Neuankömmling erstmal misstrauisch beäugt und den „Schüchterling“, der sich ständig im Pflanzendschungel versteckt. Wenn ich dann erzähle, wie der Panzerwels letzte Woche eine mutige Erkundungstour gestartet hat, gucken mich die Leute an, als sei ich E.T.s Cousin. Tja, nur weil mein bester Freund Schuppen und keine Hundeaugen hat – bitte schön!
Und klar, mag sein, dass meine Freunde lieber Geld für das nächste hippe Event-Ticket raushauen, während ich mich in der Zoohandlung um neues Futter mit „optimaler Nährstoffbalance“ streite. Aber wenn ich mein Aquarium betrachte, habe ich das gute Gefühl, dass ich nicht nur die Couch ziere, sondern einem echten Ökosystem einen Platz im Wohnzimmer gebe – mein ganz persönliches Atlantis. Da braucht’s keine teuren Sofakissen oder Stimmungslichter, ich hab meinen Zen-Moment. Und wer das nicht versteht? Soll weiter auf seine Topfpflanze gucken.
Also ja, wenn nächstes Mal einer die Augen verdreht, weil ich meinen neusten Wasserwerten mehr Enthusiasmus widme als einem Thriller, dann grinse ich nur und denke: Du hast ja keine Ahnung, was dir entgeht! Und irgendwo, tief in mir drin, bin ich sogar ein bisschen stolz – vielleicht sind wir Aquarianer eben wirklich die coolsten Aliens im Wohnzimmer.